“Jud Süß”, ein kontroverses Meisterwerk des deutschen Films der zwanziger Jahre, entführt uns in die Welt des jüdischen Hoffinanzierers Joseph Süss Oppenheimer. Der Film, gedreht 1923 unter der Regie von Georg Wilhelm Pabst, zeichnet Süss’s Aufstieg und Fall nach, wobei er sowohl den Antisemitismus seiner Zeit als auch die historische Faszination dieser Figur einzufangen versucht.
Die Geschichte beginnt in Worms im 17. Jahrhundert. Süss Oppenheimer, gespielt vom charismatischen Heinrich George, ist ein kluger und ambitionierter Mann, der sich durch seinen Verstand und sein Geschäftstalent von den anderen Juden abhebt. Er dient dem Herzog Karl Theodor von Württemberg als Hoffinanzier und genießt eine Zeit lang großes Ansehen und Wohlstand. Doch Süss’ Erfolg weckt Neid und Misstrauen unter seinen Konkurrenten.
Der Film schildert Süss’ Lebensweg in detaillierten Bildern und Szenen. Wir sehen ihn, wie er mit scharfem Verstand komplexe Finanzgeschäfte abwickelt, gleichzeitig aber auch die Intrigen und Anschläge derjenigen, die seine Macht und seinen Einfluss fürchten. Die Darstellung seiner Beziehung zur Herzogin Louise (gespielt von Rosa Valetti) ist besonders interessant.
Ein Blick auf die historische Realität:
Der Film “Jud Süß” basiert zwar auf der historischen Figur Joseph Süss Oppenheimer, aber er nimmt sich einige Freiheiten mit den Fakten. Süss war tatsächlich ein bedeutender Finanzier in Württemberg, der jedoch nicht nur durch sein Geschäftstalent bekannt war, sondern auch durch seinen extravaganten Lebensstil und seine Beziehungen zu Frauen. Der Film konzentriert sich mehr auf die tragische Geschichte seines Untergangs, der durch politische Intrigen und den wachsenden Antisemitismus verursacht wurde.
Historischer Kontext | |
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Joseph Süss Oppenheimer (1692-1738) war ein jüdischer Hofjude in Württemberg. | |
Er diente dem Herzog Karl Theodor von Württemberg als Finanzier und stieg zum reichsten Mann Württembergs auf. | |
Seine Macht und sein Einfluss weckten den Neid seiner Konkurrenten, die ihn schließlich anprangerten und anklagten. |
Süss wurde wegen angeblicher “Gotteslästerung” und “magischer Praktiken” verurteilt und hingerichtet. Der Film versucht zwar Süss als tragische Figur darzustellen, aber er bedient gleichzeitig auch antisemitische Stereotypen der Zeit.
Das filmische Erbe:
“Jud Süß” ist ein komplexer und vielschichtiger Film, der sowohl für seine künstlerischen Qualitäten als auch für seine kontroverse Darstellung des Judentums diskutiert wird.
- Kameraführung und Bildsprache: Die Kameraführung von Pabst ist eindrucksvoll und nutzt viele innovative Techniken wie Extreme Close-ups und expressive Beleuchtung, um die Emotionen der Figuren zu unterstreichen.
- Musik: Die Musik spielt eine wichtige Rolle im Film, wobei klassische Musikstücke und jiddische Melodien verwendet werden, um die Atmosphäre des 17. Jahrhunderts und Süss’ jüdischen Hintergrund einzufangen.
Trotz seiner technischen Qualität wird “Jud Süß” heute oft kritisiert, weil er antisemitische Klischees bedient und Süss als gierigen, manipulativen Charakter darstellt. Diese Kritik ist berechtigt, aber es ist auch wichtig zu bedenken, dass der Film in einer Zeit entstanden ist, in der Antisemitismus weit verbreitet war.
Fazit:
“Jud Süß” ist ein komplexer und kontroverser Film, der die Zuschauer vor eine schwierige Aufgabe stellt: Wie gehen wir mit einem Werk um, das sowohl künstlerische Qualität als auch problematische Inhalte aufweist? Die Antwort darauf liegt wohl in einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Film und seiner historischen Kontextualisierung.
“Jud Süß” bietet uns einen interessanten Einblick in die deutsche Filmgeschichte der zwanziger Jahre und regt zu Reflexionen über Antisemitismus und Vorurteile an, die auch heute noch relevant sind.